Der Schweizer Bundesrat hat einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, um einer möglichen Stromknappheit in der Schweiz zu begegnen. Die Verordnung sieht klare Einschränkungen für den Fall einer Stromknappheit vor. Dazu gehören Einschränkungen für Elektroautos und Verbote für Laubbläser oder Jacuzzis.
Die Schweiz erzeugt den größten Teil ihres Stroms aus Wasserkraft - der Rest wird jedoch aus dem Ausland importiert. Im Jahr 2021 wurden rund 5,7 Milliarden Kilowattstunden aus Frankreich und Deutschland importiert, wie Golem berichtet. Das entspricht fast einem Zehntel des jährlichen Stromverbrauchs der Schweiz. Aufgrund der Energiekrise und der Probleme Frankreichs bei der Erzeugung von Atomstrom scheint die Schweizer Regierung einen Mangel an Importen und eine daraus resultierende Knappheitssituation zu befürchten.
Der soeben vorgelegte neunseitige Beschluss sieht für diesen Fall Stromsparmaßnahmen vor, die laut Verordnung "die Sicherheit der Stromversorgung des Landes" gewährleisten sollen. Die Maßnahmen sind in vier Stufen unterteilt, die im Krisenfall genauer definiert werden sollen. Es ist jedoch noch nicht klar, in welchen Fällen die Einschränkungen tatsächlich in Kraft treten werden.
In der ersten Eskalationsstufe sollten öffentlich zugängliche Räume nur noch auf niedrigerem Niveau beheizt werden und Werbebildschirme zwischen 23.00 und 5.00 Uhr ausgeschaltet werden. Die Nutzung von elektrischen Laubbläsern und Eismaschinen im privaten Bereich sollte in dieser Stufe ausdrücklich verboten werden.
In der zweiten Eskalationsstufe werden die Einschränkungen bereits deutlicher: Diskotheken und Clubs müssen dann ihre Heizungen auf die niedrigste Stufe stellen oder ganz ausschalten. Streamingdienste dürfen nicht mehr in HD streamen und die Nutzung von Rolltreppen wird ebenfalls verboten. Die Nutzung von Heizpilzen, Heizstrahlern, Whirlpools oder Sitzheizungen in Sesselliften wird ebenfalls verboten, und auch die Nutzung von Bügeleisen könnte Privatpersonen untersagt werden.
Fahrer von Elektroautos sind ebenfalls von Stufe 3 betroffen.
Laut Golem gibt es in der Schweiz 110.000 Fahrer von Elektroautos. Ab Eskalationsstufe drei dürften diese mit ihren Elektroautos nur noch "absolut notwendige Fahrten" für private Zwecke durchführen. Die einzelnen Kantone müssten dann durch Kontrollen die Einhaltung des Verbots sicherstellen. Auch die Durchführung von Amateursportveranstaltungen und die Nutzung von Autowaschanlagen sollten ab Eskalationsstufe drei verboten werden. Dasselbe gilt für die Nutzung von Videogeräten, DVDs und Blu-Rays, Spiele-PCs und Streaming-Diensten zu Unterhaltungszwecken.
Die vierte und höchste Eskalationsstufe würde weite Teile des öffentlichen Lebens einschränken: Wintersportanlagen, Freizeit- und Vergnügungsparks, Skigebiete, Theater, Opernhäuser oder Filmvorführungen müssten geschlossen werden.
Ähnliche Einschränkungen in Deutschland sind höchst unwahrscheinlich.
Jede Maßnahme zielt darauf ab, "das Schlimmste zu verhindern", wie der Schweizer Bundesrat auf seiner Website erklärt. Im schlimmsten Fall behält sich die Regierung das Recht vor, das Stromnetz teilweise vom Netz zu trennen, um "einen allgemeinen Zusammenbruch des Netzes und damit einen Blackout" zu verhindern. Der Bundesrat hat jedoch bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit der Stromversorgung zu erhöhen: Wasserkraftreserven, Reservekraftwerke oder eine Erhöhung der Spannung im Übertragungsnetz. Die laufende Energiesparkampagne sowie die Beteiligung der Wirtschaft an der "Energiespar-Allianz" und die damit verbundene Verpflichtung zum freiwilligen Sparen sollen ebenfalls dazu beitragen, eine Stromknappheit zu vermeiden.
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in Deutschland ein ähnliches Vorsorgeprogramm verkündet und in Kraft treten wird. Die Schweiz ist vor allem im Winter viel stärker von Stromimporten abhängig als z. B. Deutschland. In Bezug auf ihre Stromversorgung nimmt die Schweiz zudem eine Sonderstellung ein: Im Gegensatz zu ihren EU-Nachbarn hat sie kein Stromabkommen mit der EU, sodass den Schweizern im Notfall der Strom abgestellt werden könnte.
Auch der FDP-Energieexperte Lukas Köhler ist sich laut Bild sicher, dass es hierzulande nicht dazu kommen wird: In Deutschland bestehe "keine ernsthafte Gefahr eines Blackouts", so Köhler. "Deshalb glaube ich nicht, dass man die Menschen grundlos beunruhigen sollte, indem man über Fahrverbote spricht".